Sherlock Holmes und die Katakomben von Paris by Franziska Franke

Sherlock Holmes und die Katakomben von Paris by Franziska Franke

Autor:Franziska Franke [Franke, Franziska]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783942446198
Google: hwWdpwAACAAJ
Herausgeber: KBV
veröffentlicht: 2011-08-14T17:00:00+00:00


14. Das Radrennen

Als ich den Eiffelturm erreichte, hatte die Spitzengruppe bereits die Ziellinie überfahren. Aber es trafen noch einige Nachzügler ein, schnurrbärtige Männer, denen die Trikots am Leib klebten. Ihre Gesichter waren von Übermüdung gezeichnet, und sie stützten sich mit letzter Kraft auf die gebogenen Lenkstangen ihrer Räder.

Ob ich mich verspätet hatte, weil Monsieur Dellaporte sich unklar ausgedrückt hatte oder ob ich Holmes falsch verstanden hatte, wollte ich lieber gar nicht wissen.

»Ah, guten Tag, Mister Tristram! Schön, Sie zu sehen«, begrüßte mich Armand Dellaporte auf Englisch, bevor ich ihn auch nur bemerkt hatte. Mit seiner übertrieben eleganten Kleidung wirkte er etwas deplatziert zwischen den verschwitzten Sportlern mit deren derben Trainern. Eine Sache, die er mit Holmes gemeinsam hatte, war die Liebe zum Detail. Nur mit dem Unterschied, dass sein Interesse nicht Zigarettenaschen, Geheimschriften und Fußabdrücken galt, sondern seiner Garderobe, gesellschaftlichen Ereignissen und dem Radsport. Neben ihm stand einer der beiden Musikfreunde, die mir in Monsieur Dellaportes Haus vorgestellt worden waren.

»Guten Tag, Messieurs«, erwiderte ich unspezifisch, um nicht zugeben zu müssen, dass ich nicht mehr wusste, wer der zweite Herr war. »Mister Sigerson ist zu seinem größten Bedauern verhindert. Er bittet mich, Ihnen seine besten Empfehlungen auszurichten!«

»Mon dieu! Immer dasselbe!«, rief Monsieur Dellaporte in pompösem Tonfall. »Mir ist es schleierhaft, womit ein Mann ohne Anstellung und Verpflichtungen immerzu beschäftigt ist!«

»Er versucht mehr über seine französischen Vorfahren herauszufinden und gestern ist er dabei auf ein hochinteressantes Buch gestoßen, von dem er sich nicht losreißen kann«, erklärte ich und ärgerte mich im gleichen Augenblick, dass Holmes mich offenbar mit seiner Geheimniskrämerei angesteckt hatte. Schließlich wusste Monsieur Dellaporte von der Existenz des unglückseligen Tagebuchs.

»Hat er etwas über den Verbleib des Tagebuchs seiner Großmutter erfahren?«, fragte Monsieur Dellaporte, als ob er meine Gedanken gelesen hätte.

»Ja, sein Vorbesitzer hat es an das Archiv verkauft.« Dies war schließlich eine nachprüfbare Tatsache.

»Es freut mich, dies zu hören«, erklärte sein Bekannter, der bisher stumm dem Gespräch gelauscht hatte. Er war korrekt gekleidet, aber neben dem eleganten Monsieur Dellaporte wirkte er recht farblos.

»Leider war das Tagebuch aber eine große Enttäuschung für Mister Sigerson. Es gehörte nämlich nicht seiner Großmutter, sondern deren Schwester«, erläuterte ich, da ich mich verpflichtet fühlte, irgendetwas zu sagen.

»Und deshalb sind Sie extra nach Paris gefahren!«, bedauerte Monsieur Dellaporte.

»Paris ist immer eine Reise wert«, erklärte ich, um ihn bei seinem Patriotismus zu packen, und startete dann ein Ablenkungsmanöver. »Aber dass Sie wegen des Radrennens …« Ihre kostbare Zeit verschwenden, hätte ich fast gesagt, »... hier so lange gewartet haben, nenne ich echten Sportsgeist.«

»Monsieur Dupont und ich haben unsere Räder aus Montpellier mitgebracht«, verkündete sein Kamerad stolz, von dem ich nun endlich wusste, dass er Monsieur Charles Begot, der Bankangestellte war. »Ich hoffe nur, Sie sind gut in Paris untergekommen?«

Mir wurde bei dieser Frage ganz mulmig zumute, denn es würde schwierig sein, Holmes’ Instruktionen zu befolgen, ohne Monsieur Dellaporte gegenüber unhöflich zu sein. »Wir haben mit etwas Glück eine gemütliche kleine Pension gefunden!«, entgegnete ich, aus den Augenwinkeln Monsieur Begot auf der Suche nach einem unverwechselbaren Merkmal musternd.



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